Keynotes

Wir freuen uns auf die folgenden Keynotes.

  • Prof. Dr. Tanja Gabriele Baudson (Hochschule Fresenius Heidelberg) | Die Begabungsforschung als Vorläuferin der Positiven Psychologie
  • Prof. Dr. Michaela Brohm-Badry (Universität Trier) | Promoting Positivity – Re-Thinking the Future of Learning and Instruction
  • Prof. Dr. Anton-Rupert Laireiter (Universität Salzburg & Universität Wien) | Zur Integration der Positiven Psychologie in die Klinische Psychologie – Did Positive Psychology change negativity in clinical thinking and research und improve flourishing in psychotherapy?
  • Prof. Dr. Philipp Mayring | Für eine kritische Positive Psychologie
  • Prof. Dr. Corinna Peifer (Universität zu Lübeck) | Flow-Erleben und die Zukunft der Arbeit
  • Prof. Dr. René Proyer (Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg) | Interventionen in der Positiven Psychologie: Wirkmechanismen und Beispiele aus der Forschung
  • Prof. Dr. Bernhard Schmitz (TU Darmstadt) | Wege zu mehr Wohlbefinden: Die Perspektive der Lebenskunst – Konzept, Validierung und effektive Interventionen
  • Prof. Dr. Christine Syrek (Hochschule-Bonn Rhein-Sieg) | Von Mikropausen bis Urlaub: Die Wirkung von arbeitsbezogenem Stress auf Erholung, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit

Prof. Dr. Tanja Gabriele Baudson

Die Begabungsforschung als Vorläuferin der Positiven Psychologie

Die Positive Psychologie befasst sich unter anderem mit Merkmalen, die Entwicklung befördern und die dazu beitragen, dass Menschen wachsen können. Begabung, verstanden als menschliches Leistungspotenzial, gehört definitiv dazu; hoffentlich kennt jede*r die Befriedigung und den Werkstolz, wenn man sein Potenzial in konkrete Ergebnisse umgesetzt hat! Gerade die Intelligenz, worauf Begabung gerade zu Anfang ihrer systematischen Beforschung oft reduziert wurde, genießt jedoch einen eher ambivalenten Ruf, ebenso wie das Konstrukt der Hochbegabung. Beide gelten als kalt, elitär und wenig gemeinschaftlich orientiert – als etwas, das “ist“ und das man “hat” als etwas, das “wird” und das man “erwirbt”. Moderne Ansätze der Begabungsforschung tragen diesem Manko Rechnung, indem sie Begabung als Kontinuum konzipieren, die überdies in ganz unterschiedlichen Bereichen vorliegen kann, und die Bedingungen fokussieren, unter denen sich Talente entfalten können.

Schaut man in die Historie der Begabungsforschung, wird allerdings schnell deutlich, dass sich viele dieser modernen Ideen schon in frühen europäischen Schriften zu Intelligenz und Begabung wiederfinden: etwa bei Alfred Binet, der Anfang des 20. Jahrhunderts mit Théodore Simon den ersten IQ-Test entwickelte, ganz besonders jedoch bei William Stern. Stern sah Begabung einerseits als höchsten Ausdruck der menschlichen Individualität; gleichzeitig implizierte Begabung für ihn auch eine Verpflichtung, etwas daraus zu machen, um so im Idealfall der Gesellschaft nützlich zu sein. Sein Ansatz erschöpft sich jedoch keineswegs in einer neoliberalen Verwertungslogik. Im Gegenteil: Für ihn kommt der Gesellschaft die komplementäre Verpflichtung zu, dafür zu sorgen, dass sich Begabungen überhaupt entfalten können – ungeachtet des Geschlechts, des sozialen Status oder der finanziellen Möglichkeiten des Individuums. Stern kann somit als ein äußerst moderner früher Proponent von Bildungs- und Chancengerechtigkeit verstanden werden – und letzteres ist ein Gedanke, den zu diskutieren insbesondere mit Blick auf die Frage lohnt, wer sich Selbstverwirklichung und Wachstum in unserer Gesellschaft faktisch leisten kann.

In dieser Keynote soll es mithin nicht nur um die historischen Entwicklungslinien gehen. Die Frage nach dem Zweck von Diagnostik und Förderung von Begabungen ist letzten Endes nämlich eine hochpolitische: Wer profitiert davon, wenn die Dinge so bleiben, wie sie sind? Und was wäre, wenn eine interdisziplinäre und multiprofessionelle Zusammenarbeit bei der Identifikaition und Förderung von Begabungen tatsächlich gelänge, statt sich durch unnötige Grabenkämpfe selbst zu sabotieren? Wie können wir es schaffen, dass in unserer Gesellschaft tatsächlich alle Menschen die Chance zum Wachstum bekommen – und nicht nur einige wenige Privilegierte?

Tanja Gabriele Baudson ist Professorin für Differentielle Psychologie und psychologische Begabungsforschung an der Hochschule Fresenius Heidelberg. Nach Studien der Romanistik (M.A.) und der Psychologie (Diplom) an den Universitäten Bonn, Paris-Sorbonne sowie der Bond University of the Gold Coast/Australien wurde sie 2011 an der Universität Trier mit einer Arbeit zum Thema „The (Mis-)Measure of Children’s Cognitive Abilities“ zum Dr. rer. nat. promoviert. Forschungsaufenthalte führten sie u.a. nach Princeton/USA und Nishinomiya/Japan. Für ihre Arbeit in Forschung, Lehre und Wissenschaftskommunikation wurde sie national und international ausgezeichnet, u. a. vom Deutschen Hochschulverband als „Hochschullehrerin des Jahres 2018″, mit dem Innovationspreis der DGPPF sowie dem Lehrpreis des Landes Rheinland-Pfalz.

Bildquelle: Vincent Flamion

Prof. Dr. Michaela Brohm-Badry

Promoting Positivity – Re-Thinking the Future of Learning and Instruction

Der Abstract folgen zeitnah.

Michaela Brohm-Badry ist Professorin für Empirische Lehr-Lern-Forschung sowie Dekanin des Fachbereichs Erziehungs- und Bildungswissenschaften, Philosophie und Psychologie an der Universität Trier.

Bildquelle: LÊMRICH

Prof. Dr. Anton-Rupert Laireiter

Zur Integration der Positiven Psychologie in die Klinische Psychologie – Did Positive Psychology change negativity in clinical thinking and research und improve flourishing in psychotherapy?

Kaum eine Aussage der Kernfigur und Gründers der Positiven Psychologie, Martin Seligman, wird so oft zitiert wie der Satz, dass die Positive Psychologie angetreten sei die Negativität der Psychologie – gemeint ist wohl die Klinische Psychologie und Psychotherapie – zu verändern. (Clinical) Psychology, so Seligman in seinem TED-Talk vom Februar 2004, should be just as concerned with human strength as it is with weakness, […]. It should also be as interested in building the best things in life as in repairing the worst. … Moreover, it should just be as concerned with making the lives of … people fulfilling, […] as with healing pathology.

Fast 30 Jahre nach dieser Ansage soll in diesem Beitrag untersucht werden, inwieweit die Positive Psychologie dieses Programm erfüllt hat und inwieweit sie mittlerweile in die Klinische Psychologie eingedrungen ist und ob sie klinisch-psychologisches und psychotherapeutisches Denken im Sinne dessen, was Seligman vor 30 Jahren zum Programm gemacht hat, verändert hat. Die Klinische Psychologie versteht sich als die Psychologie der psychischen Störungen und somatischen Erkrankungen und beschäftigt sich mit deren Definition, Klassifikation, Epidemiologie, Ätiologie und Therapie, ebenso wie mit psychologischen Merkmalen und Eigenschaften von Menschen mit derartigen Störungen und Erkrankungen.

Aus Zeitgründen sollen in dem Beitrag nur einige wenige Aspekte genauer untersucht werden, nämlich, ob das Stärkenkonzept der PP in der Tat ein „Anti-DSM“ geworden ist, ob Menschen mit psychischen Störungen mindestens genauso gut nach ihren Stärken klassifiziert werden, wie nach ihrer Pathologie, ob positiv-psychologische Konzepte in die Erforschung der Ätiologie psychischer Störungen Einzug genommen haben und ob positiv-psychologische Ansätze die Psychotherapie und die Behandlung psychischer Störungen revolutioniert haben, oder sich wenigstens als effektiv erweisen.

Die Ergebnisse dieser Analyse sind wenig berauschend. Obwohl Seligman ein hehres Programm verkündet hat und die Latte für die nachfolgenden Positiven Psycholog*innen hochgelegt hat, muss man nach 30 Jahren erkennen, dass das Stärkenkonzept kein Anti-DSM geworden ist, dass Menschen mit psychischen Störungen nicht in gleicher Weise nach ihren Ressourcen, Potenzialen und Stärken klassifiziert werden, im Gegenteil die psychopathologische Forschung beschäftigt sich mehr denn je mit den Störungen und der Pathologie. Nur sehr wenige Aspekte haben es in die ätiologische Forschung geschafft. Auch haben positiv-psychologische Ansätze und Methoden die Psychotherapie nicht revolutioniert; allerdings konnte in vielen Studien gezeigt werden, dass diese nachweislich wirksam sind in der Behandlung einiger psychischer Störungen, insbesondere der Depression, von Angststörungen, psychotischen Störungen, posttraumatischen Belastungsstörungen und somatischen Stressstörungen.

Die Positive Psychologie hat die Klinische Psychologie in den letzten 30 Jahren nicht revolutioniert oder nachhaltig verändert, aber sie ist auf dem Weg wichtige Beiträge zu einem besseren Verständnis und einer evtl. auch besseren und effektiveren Behandlung von Menschen mit psychischen Störungen zu leisten.

Fachbereich Psychologie, Universität Salzburg, Hellbrunner Straße 34; 5020 Salzburg, Österreich;
Tel.: +43 (0)662 8044-5122; anton.laireiter@plus.ac.at; http://www.uni-salzburg.at/psy/
Fakultät für Psychologie, Universität Wien, Institut für Klinische und Gesundheitspsychologie, Liebiggasse 5; 1010 Wien, Österreich. Tel.: +43 (0)1 4277-47233; anton-rupert.laireiter@univie.ac.at

Persönlicher und wissenschaftlicher Werdegang: geboren 1955, in Partnerschaft, 3 Kinder, 6 Enkelkinder, 1973 Abitur/Matura; 1976-1983: Studium der Psychologie (Graz, Salzburg, München). 1990: Promotion zum Dr.phil., Universität Salzburg. 2000: Assistenzprofessor. 2010: Habilitation, Universität Salzburg, Außerordentlicher Professor. 2015: Univ. Prof., Universität Wien
Professioneller Werdegang: 1978-1983: Ausbildung in Psychotherapie; 1983: Psychotherapeut; 1992: Anerkennung als Klinische Psychologin, Gesundheitspsychologin, Psychotherapeutin, Gesundheitsministerium, Wien, Österreich.
Aktueller beruflicher Status: im Ruhestand
Frühere Positionen: Leiter der Abteilung für Psychotherapie und Geropsychologie (2010-2020). Leiter Therapiezentrum für Klinische Psychologie, Gesundheitspsychologie und Psychotherapie, Fachbereich Psychologie, Universität Salzburg (2000-2020)
Professor für klinisch-psychologische Interventionsforschung, Fakultät für Psychologie, Universität Wien (2015-2020)
Berufliche Qualifikationen: Klinischer Psychologe, Gesundheitspsychologe, Psychotherapeut (KVT), Supervisor, Coach. Weiterbildungen in Klinischer Gerontopsychologie, Dialektische Verhaltenstherapie (DBT), Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT), Schematherapie

Forschungsinteressen: Positive Psychologie (Positive Emotionen; Positiv-Psychologische Interventionen; Stärken-Coaching; Positive Psychotherapie; Humor; Resilienz-Training), Psychotherapieforschung (Intersession-Prozesse, Therapeutenvariablen, negative Therapieergebnisse), Psychotherapieausbildung (therapeutische Kompetenzen, persönliche Therapie, Supervision; Psychotherapeutenausbildung), Gerontopsychologie (Prävalenz psychischer Störungen im Alter; Gesundheitsförderung im Alter)
Wissenschaftliche Projekte: Aktuell: Konsumentenstudie zu Psychotherapie und klinisch-psychologischer Behandlung in Österreich; Positive Psychotherapie und Coaching; Gesundheitsförderung 50+; Relax – eine Stressinterventions-App.

Prof. Dr. Philipp Mayring

Für eine kritische Positive Psychologie

Der Vortrag unterstreicht zunächst die Notwendigkeit einer Psychologie, die Gesundheit, Wohlbefinden und auf Positives gerichtete Strebungen und Aktionen thematisiert. Kritisch erscheinen allerdings vereinzelte Tendenzen in der Positiven Psychologie zu einem Alleinvertretungsanspruch, zur Affirmation, zur Einseitigkeit (rosarote Brille) und Begrenzung auf bestimmte Werthaltungen. Deshalb wird eine kritische Positive Psychologie gefordert, die sich in drei Bereichen zeigen kann: Erstens wird es in der Theoriekritik darum gehen, einen Ansatz zugrunde zu legen, der von subjektiven Problemlagen ausgeht, Aufklärung und Emanzipation von Zwängen zum Ziel hat. Zum Zweiten sollte eine gründliche Methodenkritik zentral gesetzt werden. Hier geht es darum, Schwächen von Selbsteinschätzungsskalen, in der Positiven Psychologie meist eingesetzt, zu erkennen und eine offene, qualitativ orientierte Methodik zu verwenden, die die Forschungssubjekte zur Sprache kommen lässt und an ihrem Alltag anknüpft. Drittens soll mit Praxiskritik darauf verwiesen werden, dass Forschung immer auch Praxiskonsequenzen der Ergebnisse mit zu reflektieren hat. Mit einem solchen kritischen Ansatz kann die Positive Psychologie wesentliche Bereicherungen und Weiterentwicklungen psychologischer Forschung vollbringen. (Lit.: Mayring, Ph. & Rath, N. (2013). Glück – aber worin liegt es? Zu einer kritischen Theorie des Wohlbefindens. Göttingen: Vandenhoeck &Ruprecht.)

Studium der Psychologie, Pädagogik und Soziologie an der Ludwigs-Maximilians-Universität München und der Universität Augsburg; Professor für Psychologische Methodenlehre und Leiter der Abteilung Angewandte Psychologie und Methodenforschung am Institut für Psychologie  sowie Gründer des dortigen Zentrums für Evaluation und Forschungsberatung ZEF an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt (im Ruhestand); Leiter der Association for Supporting Qualitative Research ASQ – Vereins zur Förderung Qualitativer Forschung in Klagenfurt; Forschungsschwerpunkte: Qualitative Inhaltsanalyse, Mixed Methods, Emotionsforschung, Gesundheitsforschung, Lehr-Lern-Forschung.

Prof. Dr. Corinna Peifer

Flow-Erleben im Kontext von Arbeit 4.0

Als Flow-Erleben wird der Zustand bezeichnet, in dem Menschen völlig in einer Tätigkeit aufgehen und Anforderungen und Fähigkeiten in einer optimalen Balance sind – umgangssprachlich auch häufig „im Fluss sein“ genannt. Dabei ist die ganze Aufmerksamkeit scheinbar mühelos auf die aktuelle Aufgabe gerichtet, während die Zeit wie im Flug vergeht. Im Flow zeigen Menschen ein größeres Durchhaltevermögen bei ihren Aufgaben und steigern dadurch ihre Leistungsfähigkeit. Weiterhin wirken sich häufige Flow-Erlebnisse förderlich auf das allgemeine Wohlbefinden und positive Emotionen aus. Dadurch ist Flow-Erleben ein Zustand, der gerade im Arbeitskontext sehr nützlich ist. Durch die Digitalisierung und die Einführung von Methoden Künstlicher Intelligenz ändern sich jedoch die Arbeitsbedingungen kontinuierlich und neue Herausforderungen wie auch Chancen entstehen. Im Vortrag werden die Effekte moderner Arbeitsbedingungen auf das Flow-Erleben näher beleuchtet. Außerdem werden die Chancen Künstlicher Intelligenz für die Beforschung und Förderung von Flow-Erleben am Arbeitsplatz vorgestellt.

Corinna Peifer ist Professorin für Arbeits- und Organisationspsychologie and der Universität zu Lübeck und leitet dort die Arbeitsgruppe Arbeit und Gesundheit. In ihrer Forschung beschäftigt sie sich v.a. mit Themen wie Flow-Erleben, Stress-Management und Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Sie ist Gründungsmitglied des European Flow-Researchers‘ Network und deutsche Landesvertreterin für das European Network of Positive Psychology (ENPP), sowie Vizepräsidentin der Deutschen Gesellschaft für Positiv-Psychologische Forschung (DGPPF).

Prof. Dr. René Proyer

Interventionen in der Positiven Psychologie: Wirkmechanismen und Beispiele aus der Forschung

Der Abstract folgen zeitnah

Kurzvita folgt zeitnah

Prof. Dr. Bernhard Schmitz

Wege zu mehr Wohlbefinden: Die Perspektive der Lebenskunst – Konzept, Validierung und effektive Interventionen

„Die wahre Lebenskunst besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen“ (Pearl S. Buck).

Kleinigkeiten wertschätzen ist ein wichtiger Teil der Lebenskunst, aber nicht der einzige. Wir fassen unter Lebenskunst alle Strategien und Einstellungen zusammen, die zu Wohlbefinden führen. Bereits Aristoteles ging davon aus, dass alle Menschen ein gutes Leben führen wollen. Die Frage, was ein gutes Leben ausmacht, wurde ebenfalls bereits in der antiken Philosophie gestellt. Aus der Sicht der Psychologie gehört es dazu, Glück und Wohlbefinden zu erlangen . Wohlbefinden an sich ist ein erstrebenswertes Ziel, es hat auch überaus positive Wirkungen auf Gesundheit, Arbeit und Beziehungen.

Wozu ist es sinnvoll, Lebenskunst zu untersuchen?  Zum einen, um eine klare konzeptuelle Trennung zu vollziehen  von Wohlbefinden als Ziel und Lebenskunst als dem Weg dorthin.  Zum andern,  wurden bisher in der positiven Psychologie vorwiegend Einzelstrategien untersucht, z.B. Dankbarkeit, vgl. etwa die Metaanalyse von Sin & Lyubomirsky (2009). Es ist aber viel interessanter, welche Kombinationen von Strategien zu besonderem Wohlbefinden führen.  Lebenskunst liefert  eine Systematisierung der Einzelstrategien und stellt ein integratives Modell dar.

Unser Konzept von Lebenskunst fußt auf Überlegungen des Philosophen W. Schmid (1997). Demnach ist Lebenskunst nicht das leichte Leben, sondern eine reflektierte, selbstbestimmte  und gekonnte Lebensführung. Lebenskunst zeigt sich  häufig im Umgang mit  kleinen Dingen. Wichtige Komponenten sind Genuß, Reflexion und Sinn. Gelassenheit, eine optimistische Einstellung, sich um sein physisches Wohlergehen kümmern und gute Beziehungen pflegen gehören auch dazu. Die Validierung zeigt eine klare Faktorstruktur, eine hohe interne Konsistenz (Alpha =.92) und deutliche Zusammenhänge zu verschiedenen Indikatoren des Wohlbefindens (SWLS,  AHI, Flourishing).  Die Zusammenhänge zu verwandten Konstrukten Resilience, Achtsamkeit und  Weisheit sind ebenfalls hoch.

Es werden auch Zusammenhänge zu objektiven Maßen untersucht: Fremdeinschätzung, LIWC, SJT, physiologische Masse der Reaktion auf Emotionswörter. Da Lebenskunst als veränderbar und lernbar konzipiert ist, werden Interventionen in Form von Trainings oder Coachings bei verschiedenen Zielgruppen (Schüler, Studenten, Berufstätige, klinische Stichproben) durchgeführt und evaluiert. Die Untersuchungen zur Lebenskunst sind noch relativ neu. Es finden sich zahlreiche Hinweise, dass sich der Ansatz bewährt hat. Die Vorteile des Konzepts der Lebenskunst im Vergleich zu anderen integrativen Ansätzen, wie z.B. Strength and Virtues, Psychologisches Kapital, (PsyCap) oder Covitaliy werden herausgearbeitet. Die Grenzen des Konzepts werden diskutiert.

Herr Prof. Dr. Bernhard Schmitz ist Professor für Psychologie an der TU Darmstadt. Geboren in Mönchengladbach, studierte er zunächst Mathematik in Düsseldorf (Abschluß Diplom), anschließend Psychologie in Berlin (Abschluß Diplom). Er ist approbierter Psychotherapeut und hat an der FU Berlin promoviert und an der TU Berlin habilitiert.
Lange Zeit hat er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Bildungsforschung in Berlin geforscht und war auch an internationalen Vergleichsstudien beteiligt. Danach wurde er an das Institut für Psychologie der TU Darmstadt berufen. Als Gastprofessor lehrte er an den Universitäten Potsdam, Wien, Helsinki und Zürich.
Er hat umfangreiche Projekte zum Selbstregulierten Lernen durchgeführt und Trainings für Schüler, Studierende und Berufstätige entwickelt und evaluiert. Herr Schmitz war Herausgeber der Psychologischen Rundschau und gehört zum Editorial board bei Learning and Instruction und bei Metacognition and Learning.
Sein aktuelles Forschungsgebiet ist die Psychologie der Lebenskunst, gerade hat er zu dem Thema ein englisches und ein deutsches Buch im Springerverlag publiziert und gezeigt wie man Lebenskunst trainieren kann.

Prof. Dr. Christine Syrek

Von Mikropause bis Urlaub: Die Wirkung von arbeitsbezogenem Stress auf Erholung, Wohlbefinden und Leistungsfähigkeit

Dass arbeitsbezogener Stress Wohlbefinden, Gesundheit und Leistungsfähigkeit beeinträchtigt, kann als Allgemeinwissen angesehen werden, das auch empirisch gut belegt ist. Ebenfalls empirisch untermauert ist, dass die Arbeitsanforderungen in den letzten Jahren kontinuierlich angestiegen sind. Um diese hohen Anforderungen zu bewältigen, müssen Beschäftigte nicht nur hochqualifiziert und motiviert sein, sondern auch physisch und psychisch in der Lage, ein hohes Maß an Energie, Konzentration und Engagement aufrechtzuerhalten. Entsprechend wird die Rolle von Erholung immer bedeutsamer und das Forschungsinteresse richtet sich auf die Frage, wie Erholung von arbeitsbezogenem Stress gelingen kann. In diesem Vortrag werden verschiedene Arten von Erholungspausen in den Fokus gerückt und aktuelle Erkenntnisse präsentiert zu 1) Mikro-Erholung (d. h. sehr kurze Pausen am Arbeitsplatz), 2) Meso-Erholung (d. h. Pausen während des Arbeitstages wie Kaffee- oder Mittagspausen), 3) Meta-Erholung (d. h. Pausen zwischen den Arbeitsstunden, nach Feierabend und am Wochenende) und 4) Makro-Erholung (d. h. Urlaub über einen Zeitraum von mehreren Tagen bis Wochen). Es werden Erholungsmechanismen und wichtige Stressfaktoren untersucht, die die Erholung beeinflussen können. Aus aktuellen Forschungsergebnissen wird abgeleitet, wie Erholung von arbeitsbedingtem Stress erreicht werden kann, um zu Wohlbefinden, Gesundheit und Leistung beizutragen.

Prof. Dr. Christine Syrek ist seit 2018 Professorin für Wirtschaftspsychologie an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Sie hat ihr Psychologiestudium 2007 abgeschlossen, 2010 zum Dr. rer. nat. promoviert und 2019 zum Thema Erholung von arbeitsbezogenem Stress habilitiert. Im Jahr 2016 war sie Gastprofessorin an der School of Social Sciences and Humanities der Universität Tampere in Finnland. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Dr. Oliver Weigelt (Universität Rostock) hat sie 2019 für ihre Arbeiten zu „unerledigten Aufgaben als Stressfaktor“ den Innovationspreis der Fachgruppe Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie erhalten. Seit 2015 ist sie Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Positiv Psychologische Forschung. Zu ihren in der Positiven Psychologie verankerten Forschungsthemen gehören Arbeitsstress und Erholung, e-mental Health Interventionen, Vereinbarkeit Arbeit und Privatleben, sowie Führung und Zusammenarbeit.